DE:Klinische Psychodiagnostik

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Erläuterungen zu klinischen Tests

Viele Verfahren sind orientiert am Erfassungsbereich (die Intelligenz, die Depressivität, die Aggressivität usw.). Diagnostizierende müssen selbständig ableiten, welche Merkmale bei welchen Fragestellungen zum Einsatz kommen. Selbst wenn ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen Merkmal und Fragestellung besteht (z.B. Erfassung der Depressivität bei der Diagnosefindung für Depression), sind die Grenzwerte für die diagnostische Entscheidung nicht immer eindeutig gegeben. Wie kann man in diesen Fällen vorgehen? Prüfen Sie, welche Normstichproben beim Test angegeben sind. Repräsentative Normalstichproben erlauben die Abschätzung, wie stark die Merkmalsausprägung von der typischen Verteilung in der Normalpopulation abweicht. Nicht jedes Merkmal folgt dabei aber einer Normalverteilung. Hilfreich kann die Verwendung des Prozentranges sein: wenn aus epidemiologischen Studien der Prozentsatz von bestimmten Diagnosen in der Normalpopulation bekannt ist, kann die Prozentrangnorm als Screening verwendet werden: liegt ein Wert im Bereich der Häufigkeit der Diagnose in der Normalpopulation? - Wenn ja, ist eine weitere Diagnostik indiziert. Ist eine Normstichprobe der Diagnosegruppe angegeben, wird geprüft, ob die Merkmalsausprägung typisch für die Diagnosegruppe ist. Optimale Diagnostik ist möglich, wenn die Normen für 2 Entscheidungen vorliegen: hinreichend auffällig für die Normalpopulation und typisch für die Diagnosegruppe. Zugehöriger Katalog: TestInform Klinische Psychodiagnostik

Beschwerdenerfassung

Für die Beschwerdenerfassung liegen mehrere Instrumente vor. Sie unterscheiden sich z.B. danach, ob körperliche und/oder psychische Beschwerden enthalten sind. Ein erhöhtes allgemeines Beschwerdenniveau (viele Beschwerden aus verschiedensten Bereichen) ist als Screening für psychosozial bedingte Störungen verwendbar, da diese Störungsgruppe besonders durch diese "breite" Beschwerdenausprägung gekennzeichnet ist (etwa im Unterschied zu körperlichen Erkrankungen, wo nur ein umgrenzterer Bereich betroffen ist). Es trägt nur Screeningcharakter, weil zum einen bei multiplen körperlichen Erkrankungen ebenfalls ein generalisiertes Beschwerdenerleben vorhanden sein kann. Zum anderen können monosymptomatische Störungen (etwa Phobien) ebenfalls zu nur umgrenztem Beschwerdenerleben führen können. Hinsichtlich der Epidemiologie von behandlungsbedürftigen psychosozial bedingten Störungen (früher Neurosen) schwanken die Ergebnisse zwischen 10 und 30%. Die Ein-Sigma-Grenze in einer Normalstichprobe sollte also mindestens der Entscheidungspunkt für weitergehende diagnostische Abklärungen sein.

  • BEB - Beschwerden-Erfassungsbogen Mit 50 Items relativ kurz, körperliche und psychische Beschwerden sowie unspezifische Befindlichkeitsbeschwerden
  • B-L - Beschwerden-Liste sehr kurzes Verfahren, vorwiegend körperliche Beschwerden, 2 Parallelformen
  • BVND - Berliner Verfahren zur Neurosendiagnostik mit 96 Items umfangreich, 15 Einzelmerkmale in 3 Bereichen (körperlich - psychisch - Befinden)
  • FBL - Freiburger Beschwerdenliste mehrere Bescherdenbereiche, umfangreiche Normierung
  • GBB - Gießener Beschwerdebogen vor allem körperliche Beschwerdenbereiche und eine Gesamtskala
  • SCL-90-R - Die Symptom-Checkliste von Derogatis -Deutsche Version- körperliche und psychische Verfahren, sehr ausführlich normiert (auch Computernormen). Einsatz vor allem beim Qualitätsmanagement Psychotherapie
  • BSI - Brief Symptom Inventory Kurzfassung des SCL-90-R

Befindlichkeit

Beachten Sie, dass Befindlichkeit sehr stark zustandsabhängig ist.

  • BF-S - Befindlichkeits-Skala 2 parallele Formen
  • BBS - Basler Befindlichkeits-Skala keine Normierung, eher Zustandserfassung
  • MDBF - Mehrdimensionaler Befindlichkeitsfragebogen Gesamt- und zwei Parallelformen, Gesamtform ist normiert.

Klinisch relevante Persönlichkeitsmerkmale

Diese sind zumeist so konzipiert, dass deren extreme Ausprägung den Charakter von Beschwerden annehmen kann (sie können als belastend und beeinträchtigend erlebt werden.

  • MMPI-2 - Minnesota Multiphasic Personality Inventory-2 Obwohl man sich gut streiten kann, ob der MMPI ein Persönlichkeitsverfahren ist, wird er in diesem Sinne eingesetzt: für bestimmte Syndrome werden typische Erlebens- und Verhaltensweisen abgefragt. Es sind allerdings auch typische Beschwerden dabei.
  • FPI-R - Freiburger Persönlichkeitsinventar - Revidierte Fassung wird gern eingesetzt um Extremausprägungen der Persönlichkeit im klinischen Kontext zu ermitteln
  • BVND - Berliner Verfahren zur Neurosendiagnostik mehrdimensionales Verfahren mit klinisch orientierten Persönlichkeitseigenarten, liefert ein Persönlichkeitsprofil in 2 unterschiedlichen Ausführlichkeitsstufen

Qualitätsmanagement Psychotherapie

Qualitätskontrolle in der Psychotherapie wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Es geht dabei vor allem um standardisierte Befundungen und Verlaufskontrollen mit definierten Effektivitätskriterien. Neben einer standardisierten Patientendokumentation werden auch psychometrische Verfahren für die Statusdiagnostik vor einer Therapieaufnahme, zur Therapieverlaufskontrolle und katamnestische Kontrollen eingesetzt

  • für die Erfassung der Ausprägung der spezifischen Symptomatik
  • für die - eher unspezifische - Beschwerdenerfassung
  • für die Erfassung der Persönlichkeit

Es wird angestrebt, über die Normierung der Einzelverfahren hinaus zukünftig auch Empfehlungen für bestimmte Testbatterien zu geben, die spezifisch für die drei Einsatzzwecke und Syndrome normiert sind.


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